In der Sitzung des Rates am gestrigen Donnerstag wurde der Haushalt eingebracht. Die Ratsmitglieder hören den Ausführungen von Bürgermeister Christian Schweitzer und Kämmerer Sven Frohwein zu.

Haushaltsdefizit von zwei Millionen Euro

Trotz brisanter Finanzlage kommt keine Steuererhöhung auf die Bürger zu. Corona und Hochwasser sind teuer. Auch wenn die Finanzen nicht rosig aussehen, will die Stadt Hemer den Investitionsstau abbauen. Die gute Nachricht vorweg: Im Jahr 2022 wird es keine Steuererhöhung seitens der Stadt Hemer geben. Das verkündeten Bürgermeister Christian Schweitzer und Kämmerer Sven Frohwein am Donnerstag in der Sitzung des Rates bei der Einbringung des Haushalts. „Dass wir die Grundsteuer nicht erhöhen müssen, ist ein gutes Signal“, so Christian Schweitzer. Aber es gibt auch schlechte Nachrichten, denn die Haushaltssituation ist außerordentlich brisant. „Der Haushalt 2022 ist lediglich fiktiv ausgeglichen. Wir rechnen für das kommende Jahr mit einem Haushaltsdefizit und einer Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage von zwei Millionen Euro“, sagte Sven Frohwein.

Mehrausgaben durch Corona und Hochwasser
Es kommen viele Faktoren zusammen, warum es finanziell alles andere als rosig aussieht: Corona-Pandemie und Jahrhunderthochwasser haben die Stadt in erhebliche Mehrausgaben gezwungen. So verursacht die Pandemie in Hemer einen Schaden in Höhe von 21 Millionen Euro, eine Abmilderung erfolgt hier durch die Gewerbesteuerkompensation in Höhe von 10,2 Millionen Euro. Mit 5,5 Millionen Euro beziffert die Stadt die Hochwasserschäden, hier wird das vom Bund angekündigte Förderprogramm den Schaden zu 80 Prozent decken.

„Wir müssen alles tun, um unsere Handlungsfähigkeit nicht zu verlieren. Wir müssen die Gefahr des Eigenkapitalverzehrs eindämmen. Wir müssen, und das möglichst schnell, zu originär ausgeglichenen Haushalten zurückkehren“, betonte der Kämmerer. Die Stadt müsse bis 2025 weitere 4,3 Millionen Euro aus der Rücklage nehmen, dadurch sinke das Eigenkapital dann auf 15 Millionen Euro. „Zur Entlastung wird eine noch bestehende Gewerbesteuerrückstellung mit dem Jahresabschluss 2021 und der Planung 2022 vollständig aufgebraucht. Ab 2023 sei dann aus haushaltstechnischen Gründen eine Grundsteuererhöhung um 110 Punkte auf 790 Punkte eingeplant“, berichtete Sven Frohwein.

„Explosive Cocktails“ namens Kassenkredite
Die Krise führe bei den Steuereinnahmen zu erheblichen Mindererträgen. Durch den Corona-Rettungsschirm finde auch im Jahr 2022 auf Landesebene eine Aufstockung der originären Finanzausgleichsmasse von knapp 931 Millionen Euro statt, wodurch die Ertragslage des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2022 stabilisiert werde. Das aktuelle Gesetzesvorhaben der NRW-Regierung zur Neuberechnung der fiktiven Hebesätze wird von der Stadt begrüßt. Als einen „explosiven Cocktail“ hingegen bezeichnete Sven Frohwein die aufzunehmenden Kassenkredite, die mit steigenden Zinsen bezahlt werden müssen. Auch das Problem der Altschulden bleibe, so der Kämmerer. „Wir müssen als kreisangehörige Kommune feststellen, dass steigende Mehrbedarfe der Umlageverbände die Entlastung mittelfristig auffressen!“

Vor dem Blick auf die Kreisumlage warf der Kämmerer einen Blick auf die Haushaltsentwicklung des Landschaftsverbandes, die durch ein um 6,9 Millionen Euro besseres Jahresergebnis und eine stabile Landschaftsverbandsumlage gekennzeichnet sei. Dies sei auf den ersten Blick positiv, so Frohwein. Es führen jedoch laut Frohwein insgesamt steigende Umlagegrundlagen zu einer Erhöhung der LWL-Umlage um 157,1 Millionen Euro. Das wirke sich für den Märkischen Kreis in einer Aufwandserhöhung von fünf Millionen Euro aus. „Die Finanzpolitik des Kreises betrifft uns unmittelbar“, so Frohwein. Die Stadt Hemer überweist im kommenden Jahr 23,5 Millionen Euro an den Märkischen Kreis. Umgerechnet betrug die Kreisumlage 2015 umgerechnet 635 Euro pro Einwohner, 2025 könnten es schon 747 Euro pro Kopf sein. „Das geplante Finanzpolster des Kreises ist unsere Steuererhöhung von morgen“, so Christian Schweitzer, dabei müsse die kommunale Familie doch gleichberechtigt agieren.

Der Kreishaushalt erwirtschaftet 2022 darüber hinaus einen Überschuss von 16,4 Millionen Euro. Frohwein: „Ich erlaube mir die Bemerkung, dass ein auf Knopf genähter Haushalt, wie ihn viele Kommunen über Jahrzehnte kennen, definitiv anders aussehen muss!“

Krisen bieten auch immer Chancen
Trotz der schlechten Nachrichten vermitteln Kämmerer und Bürgermeister Zuversicht, wenn sie nach vorn blicken. Denn Krisen böten immer auch Chancen, die wolle man nutzen. Bei der Beseitigung des Investitionsstaus sehen beiden für die Jahre 2022 bis 2025 einen großen Nachholbedarf. Für 2022 sind Investitionen von 18,8 Millionen Euro veranschlagt. Insgesamt seien es in den nächsten fünf Jahren 66 Millionen Euro, so Schweitzer. 40 Prozent der Gelder kommen bis jetzt aus Fördermitteln.

Neubau Hallenbad, Instandsetzung und energetische Sanierung von Schulen, Umsetzung Brandschutzbedarfsplan, Schaffung weiterer Kindergartenplätze, Belebung der Innenstadt, Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz und die Klimaoffensive sind Themen, die große Beachtung finden.

Quelle: IKZ Carmen Ahlers

In der Sitzung des Rates am gestrigen Donnerstag wurde der Haushalt eingebracht. Die Ratsmitglieder hören den Ausführungen von Bürgermeister Christian Schweitzer und Kämmerer Sven Frohwein zu.